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Über eine räumliche Distanz für einen schwerkranken Menschen sorgen: Empfehlungen für psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen veröffentlicht

In Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) hat die Projektgruppe LoCatE an der Medizinischen Hochschule Hannover heute die Online-Broschüre „Über eine räumliche Distanz für einen schwerkranken Menschen sorgen – Empfehlungen für psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen für Long Distance Caregivers“ veröffentlicht. Ziel des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsprojektes „Versorgung am Lebensende bei räumlicher Distanz (LoCatE)“ war, die Besonderheiten der Fürsorge am Lebensende bei räumlicher Distanz in Deutschland zu erfassen und dabei aufzuzeigen, wie die Entfernung die Fürsorge am Lebensende beeinflussen kann. Zudem sollten Bedürfnisse der Long Distance Caregivers identifiziert werden.

Angehörige in räumlicher Distanz spielen zunehmend wichtige Rolle

Im Vorwort der Herausgeber:innen heißt es: „In unserer strukturell alternden Gesellschaft steigt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen stetig an. Viele dieser Menschen werden ausschließlich von ihren Angehörigen gepflegt. Allerdings wird die Pflege von Menschen durch ihre Angehörigen heutzutage durch gesellschaftliche Veränderungen wie Urbanisierung, erhöhte Mobilität auf dem Arbeitsmarkt und Globalisierung verändert. Infolge dieser Trends lebt beispielsweise eine wachsende Zahl erwachsener Kinder nicht mehr am selben Ort wie ihre Geschwister und ihre alternden Eltern. Darüber hinaus haben Menschen mit Migrationsgeschichte, die aktuell 23,8 % der deutschen Bevölkerung ausmachen, mit großer Wahrscheinlichkeit Familie im Ausland. Angehörige, die über eine räumliche Distanz für einen entfernt lebenden erkrankten Menschen sorgen, spielen daher eine zunehmend wichtige Rolle in der Unterstützung und Versorgung von Patient:innen.“

So koordinieren sie beispielsweise aus der Ferne den Tagesablauf ihres erkrankten Familienmitglieds, telefonieren teilweise täglich miteinander oder leisten finanzielle Unterstützung. Wer über eine räumliche Distanz für eine schwerkranke oder sterbende Person sorgt und damit ein Long Distance Caregiver ist, erlebt besondere Herausforderungen. Auch Gefühle der Ohnmacht, Wut, Angst, Trauer, Verzweiflung und Stimmungsschwankungen können mit dieser Entfernung verbunden sein, die es oft nicht möglich macht, schnell zu dem schwerkranken Menschen zu gelangen, betont die Leiterin des Forschungsprojektes PD Dr. phil. Franziska A. Herbst.

Empfehlungen zur Unterstützung von Long Distance Caregivers

Die vorliegenden Empfehlungen für psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen widmen sich deshalb explizit der Unterstützung von Long Distance Caregivers, da informell fürsorgende Angehörige bei der Unterstützung der ihnen Nahestehenden oftmals ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen. Die Empfehlungen wurden auf Grundlage empirischer Daten, die innerhalb des Projekts LoCatE erhoben wurden, formuliert und richten sich an professionell und ehrenamtlich Versorgende der ambulanten und stationären Palliativversorgung und Hospizarbeit.

Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin erhalten mit der Ausgabe 06 der Zeitschrift für Palliativmedizin ein Exemplar der neu erschienenen Broschüre. In gedruckter Form wird die Broschüre Ende September vorliegen.

ÜBER EINE RÄUMLICHE DISTANZ FÜR EINEN SCHWERKRANKEN MENSCHEN SORGEN

DGP stellt den Betrieb des Nationalen Hospiz- und Palliativregisters bis auf Weiteres ein

Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) stellt den Betrieb des Nationalen Hospiz- und Palliativregisters bis auf Weiteres ein. Der Vorstand der DGP hat beschlossen, ein neues nationales Hospiz- und Palliativregister zu entwickeln. Ziel ist es, damit valide patientenorientierte Outcomes zu erfassen, um das Leistungsgeschehen und die Entwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung verlässlich abzubilden und die Möglichkeit eines aussagekräftigen Benchmarkings für alle Strukturen der Hospiz- und Palliativversorgung zu schaffen. Hierzu sollen unter Berücksichtigung aller datenschutzrelevanten Vorgaben neue Erfassungsinstrumente etabliert und eine zuverlässige sowie einfach nutzbare technische Infrastruktur geschaffen werden.

Der gesamte Entwicklungsprozess einschließlich Testphase wird sich vermutlich über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren erstrecken. Bis dahin wird der bestehende Registerbetrieb eingestellt und die Teilnahme am Register als Anforderung zur Zertifizierung von Palliativstationen und Palliativdiensten gestrichen. Es wird somit in den entsprechenden Verfahren ab sofort keine Abweichung mehr ausgesprochen, wenn eine Einrichtung nicht am Register teilnimmt. Alle Fachexpertinnen/Fachexperten wurden bereits per Mail über die Änderung informiert.

Die bisher am Register teilnehmenden Einrichtungen wurden mit Anschreiben vom Freitag, 21. Juli, darüber informiert, dass die bestehenden Verträge aufgelöst und für das Jahr 2023 keine Rechnungen mehr versendet werden. Das Liefern und Auslesen von Registerdaten wird noch bis zum 30.09.2023 möglich sein.

Gerne steht die DGP unter register@palliativmedizin.de für Rückfragen zur Verfügung.

https://www.hospiz-palliativ-register.de/

DGP: Fachliche und gesellschaftliche Debatte zur Suizidassistenz verknüpfen: Menschen mit Sterbewünschen jetzt nicht allein lassen

„Wir haben Zweifel, ob die Frage der Suizidassistenz im Sinne eines eigenen Gesetzes zu regeln ist. Dies ist im Moment nicht abschließend beantwortbar. Deshalb wünschen wir uns eine fachlich weit gefächerte inhaltliche Debatte, eine breite gesellschaftliche Diskussion und stellen bezüglich der Belange von schwerkranken und sterbenden Menschen unsere Expertise zur Verfügung.“ erklärt Prof. Dr. Claudia Bausewein, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) im Nachgang zur Ablehnung der am 6. Juli im Bundestag vorgelegten Gesetzesentwürfe zur Suizidassistenz.

Insbesondere in naher Zukunft sei der enge Austausch zwischen der Wissenschaft, den beteiligten Berufsgruppen und Organisationen sowie der Politik entscheidend. „Die aktuelle Entscheidung kann hinsichtlich des Fortgangs der Debatte verunsichern. Gerade deshalb müssen wir alles dafür tun, um Menschen mit ihren sehr ernst zu nehmenden Sterbewünschen nicht allein zu lassen.“ Für die DGP heißt das, die Sommerpause im Bundestag für eine Befragung ihrer rund 6.500 Mitglieder zu Einstellungen und Erfahrungen bezüglich Anfragen zum assistierten Suizid zu nutzen.

Dr. Bernd Oliver Maier, Vizepräsident der DGP, ergänzt: „Wir sind tatsächlich froh, dass es keiner dieser beiden Gesetzesentwürfe geschafft hat, da beide wenig hilfreich gegenüber dem bisherigen und fortbestehenden Handlungsfreiraum erschienen.“ Maier weiter: „Jetzt gilt es, verantwortungsvoll damit umzugehen, dass Freiheit und persönliche Verantwortung anstatt einer gesetzlichen Regelung die Rahmenbedingungen definieren, und zu klären, was es inhaltlich auf dieser Basis für einen angemessenen Umgang mit dem Wunsch nach Suizidasssistenz braucht - eventuell auch im Hinblick auf spezifische Ansätze für einzelne Zielgruppen.“ So hat die DGP für den Umgang mit dem Wunsch nach Suizidassistenz in der Hospizarbeit und Palliativversorgung eine Broschüre vorgelegt, die zahlreiche Einrichtungen bereits als interne Diskussionsvorlage verwenden.

„Dringend bleibt außerdem, intensiv über die Optionen der Hospiz- und Palliativversorgung zu informieren.“, unterstreicht Andreas Müller, ebenfalls Vizepräsident der DGP. „Es braucht breit angelegte Kampagnen, um die Bevölkerung über Möglichkeiten der Begleitung am Lebensende aufzuklären.“ Aus ihrer eigenen Kampagne „das ist palliativ“ weiß die Fachgesellschaft, wie wichtig es ist, sich frühzeitig mit individuellen Fragen zum Umgang mit einer lebensbegrenzenden Erkrankung und zur Gestaltung des Lebensendes an eine Anlaufstelle in der Nähe wenden zu können. Für die schnelle und unkomplizierte Kontaktaufnahme verweist Müller auf den Wegweiser Hospiz- und Palliativversorgung Deutschland, in dem über 3.000 bundesweite Angebote sowohl für schwerstkranke Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene verzeichnet sind. In zehn Sprachen sind knappe Informationen zu ambulanten und stationären Versorgungsangeboten zugänglich.

„Doch steht die Versorgung nicht allen Menschen mit einer lebensbegrenzenden Erkrankung in gleichem Umfang offen. Zur Zugangsgerechtigkeit in der Versorgung besteht nach wie vor intensiver Gesprächs- und Entwicklungsbedarf.“ hebt Claudia Bausewein eine weitere Herausforderung hervor. „Dies ist absolut notwendig, auch, um allen schwer erkrankten Menschen und ihren Familien unabhängig von der Grunderkrankung frühzeitig offene und wiederholte Gespräche zu einem etwaigen Wunsch nach Suizidassistenz anbieten zu können.“

Abschließend weist Heiner Melching als Geschäftsführer der DGP noch einmal deutlich darauf hin: „Mit der Entscheidung vom 6. Juli ist keine Einschränkung der bisherigen Handlungsoptionen verbunden, das heißt, es ist keine rechtsfreie Situation entstanden. Vielmehr ist assistierter Suizid nach wie vor möglich, nur nicht unter einem einheitlichen Regelwerk.“ In diesem Zusammenhang bedauert Melching missverständliche und falsche Informationen, die mit dem komplexen Thema der Suizidhilfe einhergingen, und betont: „Wir brauchen weitere Kenntnisse, die differenzierte Betrachtung verschiedener Gruppen bezüglich ihres Suizidwunsches und eine klare Priorisierung der Suizidprävention, ohne Menschen mit einem freiverantwortlichen und dauerhaften Wunsch nach Suizidassistenz aus dem Blick zu verlieren. Insgesamt werden Qualifikationen im Umgang mit Sterbewünschen unumgänglich sein, dafür wird sich die DGP einsetzen.“

Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin: Zum Umgang mit dem Wunsch nach Suizidassistenz in der Hospizarbeit und Palliativversorgung:
https://www.dgpalliativmedizin.de/images/230509_Broschu%CC%88re_Suizidassistenz_v2.pdf  

Wegweiser Hospiz- und Palliativversorgung Deutschland:
https://www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de/

Kampagne der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin:
https://www.dasistpalliativ.de/

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin:
www.palliativmedizin.de 

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin begrüßt Abstimmungsergebnis im Bundestag: Suizidprävention stärken & Debatte Suizidassistenz dringend weiterführen!

07.07.2023 I Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin begrüßt die heutigen Beschlüsse im Deutschen Bundestag sowohl zur gesetzlichen Verankerung der Suizidprävention wie auch zur Ablehnung der beiden Gesetzesentwürfe zur Suizidassistenz außerordentlich. „Denn wir hielten es nicht für den geeigneten Weg, die Inanspruchnahme von Hilfe beim Suizid mittels dieser erst sehr knapp vor der heutigen Entscheidung veröffentlichten bzw. überarbeiteten Gesetzentwürfe zu regeln.“ betont die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Prof. Dr. Claudia Bausewein. „Es gab kaum Gelegenheit, sich fachlich differenziert damit auseinanderzusetzen.“

Die wissenschaftliche Fachgesellschaft mit bald 6.500 Mitgliedern hatte ihre Kritik an den kurzfristig zur Abstimmung vorgelegten Gesetzesentwürfen wiederholt und ausführlich zum Ausdruck gebracht. Doch gilt laut Bausewein weiterhin:„Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin stellt ihre Expertise hinsichtlich des Umgangs mit Sterbewünschen von lebensbegrenzend erkrankten Menschen auch als Gesprächspartnerin der Politik zur Verfügung.“ Aus Sicht der Fachgesellschaft ist dieses Angebot in der Entwicklung der heute abgelehnten Gesetzesentwürfe zu wenig genutzt worden.

„Ein assistierter Suizid sollte die große Ausnahme bleiben.“ ergänzt DGP-Vizepräsident Dr. Bernd Oliver Maier: „Jeder Mensch, der seinem Leben ein Ende setzen möchte, hat nach unserem Verständnis Anspruch auf ein echtes Gegenüber, das ihm in diesem existentiellen Entscheidungsprozess zur Seite steht.“ Entsprechend zeigt sich die DGP erleichtert über den nun angestoßenen Ausbau eines flächendeckenden Netzwerks der Suizidprävention. Das ergebnisoffene, wiederholte und qualifizierte Gesprächsangebot sei grundlegend auch in der Palliativversorgung.

Die Entscheidung im Bundestag zeige deutlich, dass die gesellschaftliche Diskussion dringend weitergeführt werden muss, erklärt Claudia Bausewein. Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, Hospize und viele weitere Einrichtungen, in denen schwerkranke Menschen leben, werden sich weiterhin intensiv damit auseinandersetzen müssen, wie sie damit umgehen, wenn in ihrem Haus jemand so nicht mehr weiterleben möchte.

Die DGP-Präsidentin hebt abschließend hervor: „Es ist unser aller Verantwortung, Menschen mit Suizidwünschen nicht alleine zu lassen, sondern ihnen - auch im Rahmen von Informations- und Aufklärungskampagnen - Optionen zur Linderung ihres Leids nahezubringen.“

Hören Sie gern hier die Interviews des NDR und des rbb mit DGP-Präsidentin Prof Dr. Claudia Bausewein sowie das Interview des Deutschlandfunks mit DGP-Geschäftsführer Heiner Melching:

AUS DEN MEDIEN

Gesetzentwürfe zur Suizidassistenz im Bundestag gescheitert I Große Mehrheit für Stärkung der Suizidprävention

"Abstimmung im Bundestag: Keine Mehrheit für Gesetzentwürfe zu Sterbehilfe: Die Hilfe bei Selbsttötung wird in Deutschland weiterhin nicht gesetzlich geregelt. Im Bundestag scheiterten beide Gesetzentwürfe zur Neuregelung. Eine große Mehrheit der Abgeordneten sprach sich aber für die Stärkung der Suizidprävention aus."

berichtet die Tagesschau heute um 13.13 Uhr.

Dieser und weitere Beiträge sind unter "Aktuelles aus den Medien" nachzulesen.

 

Bundesärztekammer, DGPPN, DGP und Nationales Suizidpräventionsprogramm mahnen: Der Suizid darf nicht zur gesellschaftlichen Normalität werden

Die Bundesärztekammer, die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin und das Nationale Suizidpräventionsprogramm warnen davor, die gesetzliche Neuregelung der Suizidbeihilfe übereilt und ohne ausführliche Debatte noch vor der Sommerpause durch den Deutschen Bundestag zu bringen. Die beiden zur Abstimmung vorliegenden Gesetzentwürfe sind erst vor kurzem zusammengeführt worden (Helling-Plahr, Künast et al.) oder sollen noch überarbeitet werden (Castellucci et al.). Eine gründliche Befassung im Parlament sowie ein gesellschaftlicher Diskurs über die jeweiligen Entwürfe sei in der Kürze der Zeit nicht möglich.

Statt im dichtgedrängten Programm der letzten Sitzungswoche eine für die Betroffenen und die Gesellschaft als Ganzes so weitreichende Entscheidung herbeizuführen, sollte die Sommerpause für die Meinungsbildung und die dringend erforderliche Weiterentwicklung der jeweiligen Regelungsvorschläge genutzt werden, fordern die Bundesärztekammer (BÄK), das Nationale Suizidpräventionsprogramm (NaSPro), die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) sowie die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP).

Bundesärztekammer

Dazu Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer: „Insbesondere der Entwurf der Parlamentariergruppe um die Abgeordneten Katrin Helling-Plahr und Renate Künast wird der Komplexität von Suizidgedanken und Suizidhandlungen nicht gerecht. Nur eine einzige informierende Beratung und eine Wartezeit von lediglich drei Wochen, bevor ein Suizidmittel verschrieben und ein assistierter Suizid ermöglicht werden kann, reichen nicht aus, um die Freiverantwortlichkeit der Suizid-Entscheidung sicherzustellen. Dies gilt umso mehr, weil die Einbeziehung psychiatrischer und psychotherapeutischer Kompetenz in dem Entwurf nicht verbindlich vorgegeben wird. Der Entwurf würde außerdem einer gesellschaftlichen Normalisierung des Suizides Vorschub leisten. Er verlagert die Verantwortung für wichtige Entscheidungen, insbesondere dazu wie gewinnorientierte Angebote verhindert werden, die Zuverlässigkeit organisierter Hilfe zur Selbsttötung geprüft werden sowie welche Qualifikationsanforderungen konkret an die in den Beratungsstellen Beschäftigten zu stellen sind auf eine Rechtsverordnung der Bundesregierung und auf die Bundesländer. Für Ärztinnen und Ärzte bringt der Gesetzentwurf zudem erhebliche strafrechtliche Risiken mit sich.“

Nationales Suizidpräventionsprogramm für Deutschland

Prof. Dr. Reinhard Lindner, Nationales Suizidpräventionsprogramm für Deutschland: „Wenn es leichter ist, sich über einen festgelegten Regelungsweg assistiert zu suizidieren als Hilfe und Unterstützung zum Weiterleben zu erhalten, wird die Möglichkeit zu einer selbstbestimmten Entscheidung über das eigene Leben eingeschränkt. Wir rechnen in diesem Fall mit einer deutlichen Zunahme vermeidbarer Suizide in Deutschland. Die gesetzlich finanzierten Beratungsstellen, die in diesem Entwurf vorgesehen sind, helfen Menschen nicht in suizidalen Krisen zu einer freiverantwortlichen und selbstbestimmten Entscheidung zu kommen. Beratungen können nicht ergebnisoffen sein, wenn sie in einem Kontext zur Suizidhilfe stattfinden”.

Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychsomatik und Nervenheilkunde

Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde: „Im Jahr 2021 starben über 9.000 Menschen in Deutschland durch Suizid – die meisten im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung. Auf jeden Suizid kommen 10 bis 20 Suizidversuche. Sehr häufig sind suizidale Menschen aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung nicht in der Lage, diese Entscheidung frei und selbstbestimmt zu treffen. Diese Menschen brauchen Unterstützung. Sie brauchen medizinische Hilfe und sie müssen vor dem irreversiblen Schritt eines Suizides effektiv geschützt werden. Diese große Gruppe der schwer psychisch kranken Menschen darf nicht vergessen werden. Die DGPPN sieht für ihren effektiven Schutz im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zwei Dinge als zentral an: die verlässliche, fachärztliche Beurteilung des freien Willens und die unmittelbare Bereitstellung von Hilfen, wenn ein Suizidwunsch nicht auf freiem Willen beruht.“

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin

Heiner Melching, Geschäftsführer Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V.: „Beide vorliegenden Gesetzesentwürfe bieten scheinbar einfache Lösungen für ein sehr komplexes Problem und sind das Ergebnis einer überwiegend juristischen Perspektive, die der Individualität von Sterbewünschen und der Lebenswirklichkeit von Betroffenen und im Gesundheitswesen Tätigen in keiner Weise gerecht wird. Es kann aus unserer Sicht nicht gelingen, die Anliegen schwerstkranker Menschen, einsamer Hochaltriger oder auch junger Menschen, die in einer Krise ihr Leben beenden wollen, in eine Rechtsnorm zu pressen. Ebenso wenig qualifiziert allein das Vorliegen einer ärztlichen Approbation dazu, Suizidwünschen angemessen zu begegnen. Ärztliches Handeln ist von Verantwortung und einem Beziehungsgeschehen getragen und darf bei derart existenziellen Fragen nicht zur bloßen Dienstleistung und einem „Sterben nach Checkliste“ degradiert werden. Damit ließe man Menschen mit Suizidwünschen wie auch ihre Angehörigen letztlich sehr allein.“

GEMEINSAME PRESSEMITTEILUNG

AUS DEN MEDIEN

Fraktionsübergreifender Gesetzentwurf zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Regelung der Hilfe zur Selbsttötung vorgestellt

Am 13.06.2023 wurde ein fraktionsübergreifender "Gesetzentwurf zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Regelung der Hilfe zur Selbsttötung sowie zur Änderung weiterer Gesetze" veröffentlicht und bei der Bundespressekonferenz vorgestellt.

Dazu schreibt z.B. das Deutsche Ärzteblatt: "Die Gruppen um die Grünen-Politikerin Renate Künast und die FDP-Politikerin Katrin Helling-Plahr, die sich in den vergangenen beiden Jahren für liberale Regelungen einsetzten, haben jetzt ihre Gesetzes­pläne zusammengeführt. Damit wollen sie bei einer Entscheidung im Bundestag ihre Chancen gegenüber den Anhängern einer restriktiveren Linie um den SPD-Politiker Lars Castellucci erhöhen. Eine namentliche Abstimmung ohne Fraktionszwang könnte noch in der ersten Juliwoche (...) erfolgen, bei der dem Parlament ab sofort nur noch zwei statt drei Vorschläge vorliegen."

Lesen Sie hier Näheres zu dem Gesetzesentwurf, dem Entschließungsantrag und der aktuellen Medienberichterstattung:

GESETZENTWURF

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

AUS DEN MEDIEN

DGP veröffentlicht Handreichung "Sterbewünsche und Suizidprävention bei Menschen mit intellektueller und komplexer Beeinträchtigung"

Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) hat eine Handreichung veröffentlicht: „Sterbewünsche und Suizidprävention bei Menschen mit intellektueller und komplexer Beeinträchtigung – Arbeitshilfe für die Eingliederungshilfe und Hospiz- bzw. Palliativinstitutionen“.

In Ergänzung der DGP-Empfehlungen „Zum Umgang mit dem Wunsch nach Suizidassistenz in der Hospizarbeit und Palliativversorgung“ wird in dieser Handreichung auf die speziellen Probleme im Umgang mit Sterbewünschen bei kognitiver Beeeinträchtigung und die Überwindung von Kommunikationsbarrieren eingegangen. Das Papier in Autorenschaft der AG Menschen mit intellektueller und komplexer Beeinträchtigung der DGP hat ergänzend einen umfassenden Kommentierungsprozess durch eine Reihe von Arbeitsgruppen der DGP durchlaufen.

STERBEWÜNSCHE UND SUIZIDPRÄVENTION BEI MENSCHEN MIT KOGNITIVER BEEINTRÄCHTIGUNG

AG MENSCHEN MIT INTELLEKTUELLER UND KOMPLEXER BEEINTRÄCHTIGUNG

ZUM UMGANG MIT DEM WUNSCH NACH SUIZIDASSISTENZ IN DER HOSPIZARBEIT UND PALLIATIVVERSORGUNG

Palliativmedizinische Aspekte in der Akut-, Notfall- und Intensivmedizin: Fachgesellschaften publizieren Konsensuspapier

„Palliativmedizinische Aspekte in der klinischen Akut- und Notfallmedizin sowie Intensivmedizin“ lautet der Titel eines gemeinsamen Konsensuspapiers, welches diverse Fachgesellschaften – unter ihnen auch die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) – aktuell in „MedKlinik -Intensivmedizin Notfallmedizin“ publiziert haben: DOI: 10.1007/s00063-023-01016-9.

In der Zusammenfassung heißt es: „Die Integration der Palliativmedizin ist ein wichtiger Bestandteil in der medizinischen Behandlung von verschiedenen Erkrankungen im fortgeschrittenen Stadium. Während eine erweiterte S3-Leitlinie zur Palliativmedizin für Patienten mit einer nichtheilbaren Krebserkrankung existiert, fehlt bis dato eine Leitlinie für nichtonkologische Patienten bzw. eine konkrete Empfehlung für Patienten, die in Notaufnahmen oder auf Intensivstationen behandelt werden. Basierend auf dem vorliegenden Konsensuspapier wird auf die palliativmedizinischen Aspekte der jeweiligen Fachdisziplinen eingegangen. Durch die zeitgerechte Integration der Palliativversorgung soll eine verbesserte Lebensqualität und Symptomlinderung in der klinischen Akut- und Notfallmedizin sowie Intensivmedizin erzielt werden.“

DGP-Vorstandsmitglied PD Dr. Martin Neukirchen betont, dass das Papier wichtige inhaltliche Impulse u.a. für die dringend erforderliche engere Zusammenarbeit der Intensivmedizin bzw. der klinischen Akut- und Notfallmedizin mit der Palliativmedizin liefern könne. In der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin wurde erst kürzlich eine eigene Arbeitsgruppe Intensiv- und Notfallversorgung gegründet.
KONSENSUSPAPIER PALLIATIVMEDIZINISCHE ASPEKTE IN AKUT-, NOTALL- UND INTENSIVMEDIZIN
AG INTENSIV- UND NOTFALLVERSORGUNG

RND berichtet: Abstimmung noch vor der Sommerpause I Liberale Sterbehilferegelung: Aus zwei Gruppenanträgen wurde einer

Unter der Überschrift "Abstimmung noch vor Sommerpause - Liberale Sterbehilferegelung: Aus zwei Gruppenanträgen im Bundestag wurde einer" hat das Redaktionsnetzwerk Deutschland heute berichtet: "Anfang 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht die verschärften Regeln für die Suizidbeihilfe gekippt. Die zwei Abgeordnetengruppen mit liberalen Vorstellungen haben ihre Vorstellungen nun zu einem Antrag zusammengefügt, um gemeinsam einem restriktiven Gesetzentwurf Paroli bieten zu können. Die Schlussabstimmung im Bundestag ist noch vor der Sommerpause geplant.(...)".

RND STERBEHILFEREGELUNG

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