das ist palliativ

    Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin veröffentlicht praxisnahe Empfehlungen: Teams und Einrichtungen brauchen dringend Konzepte zum Umgang mit Suizidwünschen

    Anfragen nach assistiertem Suizid nehmen zu – Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) veröffentlicht Empfehlungen für Mitarbeitende der Hospizarbeit und Palliativversorgung – Praxisnahe Handreichung betont Informationsanspruch von Patient:innen

    Sterbenskranke Menschen wie auch deren Angehörige wenden sich zunehmend mit Anfragen nach einem assistierten Suizid an Mitarbeitende in der Hospiz- und Palliativversorgung. Das ist seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Februar 2020 deutlich spürbar. Deshalb hat die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) heute eine Handreichung für haupt- und ehrenamtliche Fachkräfte der Hospizarbeit und Palliativversorgung wie auch andere im Gesundheitswesen Tätige zum Umgang mit Anfragen zur Suizidassistenz veröffentlicht. DGP-Präsidentin Prof. Dr. Claudia Bausewein: „Suizidwünschen sollte immer mit Professionalität und Mitgefühl begegnet werden.“ Zum Ausdruck zu bringen sei laut der erfahrenen Palliativmedizinerin die Haltung: „Wenn Du sterben willst, berührt es mich und ich will Dir als Mensch beistehen“. Dabei kann es eine große Herausforderung für Fachkräfte der Hospizarbeit und Palliativversorgung darstellen, die Würde eines Menschen bis ins Äußerste – unter Umständen bis zum Wunsch, dieses Leben selbst zu beenden – zu bewahren.

    Hospiz- und Palliativteams müssen Haltung zur Suizidhilfe entwickeln

    In der öffentlichen Wahrnehmung werden Mitarbeitende und Institutionen der Hospizarbeit und Palliativversorgung – auch aufgrund der ursprünglichen im Jahr 2015 geführten Diskussion um Suizidhilfe als Ausnahmetatbestand für den Fall schwerer, unheilbarer Erkrankung – häufig als kompetent und sogar zuständig wahrgenommen, was in dieser Allgemeinheit in Frage gestellt werden muss. Dennoch: Mitarbeitende und Institutionen der Hospizarbeit und Palliativversorgung sollten sowohl die eigene Haltung zum Suizid reflektieren als auch auf institutioneller Ebene der einzelnen Einrichtungen, der Verbände und der jeweiligen Trägerstrukturen an der Positionsklärung und öffentlichen Darstellung der Haltung zum Thema Suizidhilfe mitwirken.

    „Aufgrund vieler offener Fragen zur möglichen gesetzgeberischen Ausgestaltung und praktischen Umsetzung ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema wichtig.“ erklärt DGP-Geschäftsführer Heiner Melching heute bei Veröffentlichung der Handreichung. Neben Hintergrundinformationen zur aktuellen Gesetzgebung und Suizidalität finden Gesundheitsfachkräfte hier Empfehlungen für die Praxis, was in Gesprächen zu beachten ist und wie mit Anfragen verantwortungsvoll umgegangen werden kann. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin und die von ihr geführte Koordinierungsstelle für Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland unterstützen gern Einrichtungen, die für ihre Teams Veranstaltungen zu diesem Thema planen.

    Im konkreten Umgang mit Patient:innen, die nach Suizidhilfe fragen, empfiehlt die DGP diese Grundpfeiler: Wahrnehmen und Erkennen der Wünsche, Verstehen oder Akzeptieren der Ursachen und Funktionen des Todeswunsches, Angebot der palliativen Begleitung und Beratung sowie Suizidprävention. Wie das in der Praxis aussehen kann, wird in dem bei den DGP-Mitgliedertagen am 25. September 2021 finalisierten Papier dargelegt.

    Infobedarf: Behandlungsbeendigung? Freiwilliger Verzicht auf Essen und Trinken? Palliative Sedierung?

    Vielen Patient:innen, die einen Todeswunsch äußern, ist zudem nicht bekannt, dass jede medizinische und pflegerische Maßnahme nur bei entsprechender Indikation und mit ihrem Einverständnis begonnen und weitergeführt werden darf, ergänzt DGP-Vorstandsmitglied Alexandra Scherg, Ärztin in Weiterbildung. Patient:innen und Ärzt:innen befürchten zudem, dass die Nichteinleitung oder Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen zwangsläufig mit stark belastenden Symptomen behaftet ist, so ihre Erfahrung – auch diese Fehleinschätzung muss korrigiert werden.

    Außerdem unterstreicht DGP-Vizepräsident Dr. Bernd Oliver Maier: „Es ist wichtig, Patientinnen und Patienten Informationen über die Option der Beendigung lebenserhaltender Behandlungsmaßnahmen anzubieten.“ Dieser Anspruch auf Informationen müsse ebenso bezüglich des freiwilligen Verzichts auf Essen und Trinken (FVET) gelten. „Wenn die Last der Symptome auf physischer oder psychischer Ebene als unerträglich empfunden wird und eine ausreichende Symptomkontrolle auch mit allen Möglichkeiten der Symptomlinderung nicht oder nicht ausreichend schnell erreicht werden kann, ist zudem mit der Patientin oder dem Patienten die Option einer gezielten Sedierung zur Leidenslinderung zu besprechen.“, so Maier, Chefarzt für Palliativmedizin und interdisziplinäre Onkologie am St. Josefs-Hospital Wiesbaden.

    Assistenz beim Suizid ist weder ärztliche Aufgabe noch Aufgabe der Hospiz- und Palliativversorgung

    Prof. Dr. Claudia Bausewein, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin am LMU Klinikum München, fasst zusammen: „Die Assistenz beim Suizid, also die direkte Hilfe bei der Durchführung, ist grundsätzlich keine ärztliche Aufgabe oder Aufgabe der Hospiz- und Palliativversorgung. Dennoch dürfen wir nicht weghören, wenn Sterbewünsche geäußert werden.“ Es sei absolut wichtig, dass Mitarbeitende und Institutionen der Hospizarbeit und Palliativversorgung die eigene Haltung zum Suizid reflektieren und sich mit dem Themenfeld der Suizidhilfe und der Suizidprävention auseinandersetzen. Dazu gehört das achtsame Erfragen und Dokumentieren von Todeswünschen bei hospizlich und palliativ begleiteten Menschen sowie die Kompetenz, darüber wertfrei zu kommunizieren. Wesentlich ist auch die differenzierte Aufklärung und Beratung über Möglichkeiten der Symptomkontrolle und des freiwilligen Verzichts auf Essen und Trinken am Lebensende.

    Fazit der DGP: Teams und Einrichtungen benötigen zeitnah Konzepte zum Umgang mit Suizidwünschen, auch wenn die Kooperation mit Akteuren der Suizidhilfe von Einzelpersonen, Palliative Care-Teams oder Institutionen abgelehnt werden kann. Bei Kooperationsbereitschaft mit Sterbehilfeorganisationen sind zudem äußerst konkrete Fragen zu klären wie: Zutritt in eine Einrichtung, Duldung des assistierten Suizids in der Einrichtung und aktive Beteiligung von Mitarbeitenden an der Durchführung sowie die Definition verbindlicher “roter” Linien, die keinesfalls überschritten werden dürfen. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin ist sich bewusst, dass die vorgelegten Empfehlungen regelmäßig hinsichtlich der Notwendigkeit von Anpassungen überprüft werden müssen.

    Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) zum Umgang mit dem Wunsch nach Suizidassistenz in der Hospizarbeit und Palliativversorgung (Stand: September 2021)

    Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin verleiht erste Preise an die Projekte „Palliativlotsin“ und „Homecare ALS“

    Innovative Projekte schließen Versorgungslücken in der ambulanten Palliativversorgung

    Zum Abschluss ihrer 4. Mitgliedertage hat die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) zum 14. Mal den „Anerkennungs- und Förderpreis für ambulante Palliativversorgung“ verliehen. Im Rahmen einer virtuellen Verleihung wurden zwei gleichwertige erste Preise vergeben, die sich nach Bewertung der DGP-Jury entlang der Kriterien Modellcharakter, Innovation, Originalität, Übertragbarkeit, Inspiration und Aktualität als preiswürdig erwiesen haben. Der insgesamt mit 10.000 € dotierte Preis wird seit 2008 jährlich von der Firma Grünenthal gestiftet.

    Jurypräsidentin Prof. Dr. Gerhild Becker betonte: „Die Jury hat sich entschieden, den Preis an zwei innovative Projekte zu vergeben, die im Feld der ambulanten Palliativversorgung Lücken schließen, eine Bereicherung darstellen und zudem auf andere Regionen modellhaft übertragbar sind. Wie in jedem Jahr trägt diese Auszeichnung dazu bei, Entwicklung und Ausbau einer qualitativ hochwertigen ambulanten Palliativversorgung konsequent zu stärken.“

    PalliativlotsinÜber den Preis freuen sich sehr: Dr. Hans-Joachim Willenbrink und Elke Ehlert. Foto: Susanne Hepe1. Preis:

    Elke Ehlert, Dr. med. Hans-Joachim Willenbrink: Palliativlotsin© für Menschen mit einer weit fortgeschrittenen Tumorerkrankung (aufsuchende, beratend-stützende Sozialarbeit) in der Stadt Bremen

    Das Projekt schließt eine relevante Versorgungslücke im Bereich der AAPV, ist dabei pragmatisch, aber dennoch originell. Im Fokus steht die Verbesserung der Versorgung von Menschen mit palliativem Bedarf im ambulanten Bereich durch Adaption bereits bewährter Patient:innenlotsen. Das Projekt hat Modellcharakter und kann als Vorlage für Projekte in anderen Regionen dienen. Das Projekt wird von der Uni-Bremen evaluiert, um das Versorgungsangebot zu prüfen und letztlich ggfs. in die Regelversorgung zu überführen. Der Preis kann als Motor dienen, um das Projekt in die Breite zu tragen und für eine Zielgruppenerweiterung auf Menschen ohne onkologische Erkrankungen sorgen.

    Preis Lorenzl BublitzGroße Freude auch bei Dr. Sarah Bublitz und Prof. Dr. Stefan Lorenzl. Foto: Julia Jäckel1. Preis:

    Dr. med. Sarah Bublitz, Prof. Dr. med. Stefan Lorenzl: Homecare ALS - früh einsetzende, ambulante, spezialisierte Versorgung von Menschen mit amyotropher Lateralsklerose durch ein multiprofessionelles Team im Sinne einer Early Integration

    Die Arbeit beschreibt mit hoher Qualität ein sehr innovatives und hochrelevantes Projekt für eine spezielle Zielgruppe. Die early integration in die Palliativversorgung ist für ALS-Patient:innen essentiell und noch nicht ausreichend etabliert. Das Projekt schließt somit eine relevante Versorgungslücke und bringt praxisrelevante Verbesserungen für die genannte Patient:innengruppe. Die Arbeit beschreibt ein übertragbares Modellprojekt mit hoher Nachhaltigkeit. Durch die Begleitforschung werden Daten erhoben, mit denen Relevanz und Sinnhaftigkeit des Versorgungsmodells untersucht werden.

    Prof. Dr. Claudia Bausewein, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, dankte herzlich für die langjährige und kontinuierliche Förderung durch den Stifter. Wie wichtig diese sei, würde auch in diesem Jahr unmittelbar deutlich: „Beide Projekte bedeuten eine erhebliche praxisnahe Unterstützung für die jeweiligen Patientinnen und Patienten und sind mit ihrem Ansatz der frühen Vernetzung zu beteiligender Fachkräfte und Teams beispielhaft für das Ziel, über Möglichkeiten der Palliativversorgung frühzeitig zu informieren und diese niedrigschwellig zugänglich zu machen.“

    Robert Sunjic, Geschäftsleiter Grünenthal Deutschland, hob hervor, dass es auch weiterhin ein Anliegen des Stifters sei, mit dem Anerkennungs- und Förderpreises für ambulante Palliativversorgung Best-Practice-Projekte zu fördern und bekannt zu machen. „Nahezu 200 Einreichungen im Laufe der Jahre lassen hoffen, dass der Preis für engagierte Menschen im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung auch in Zukunft einen Anreiz darstellt, ihre Projekte einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen und weiterzuentwickeln.“

     

     

    DGP-Förderpreis für Palliativmedizin geht an zwei hervorragende Studien, die bisher wenig beachtete Patient:innengruppen und ihre Familien in den Blick nehmen

    Berlin, 25. September 2021. Im Rahmen der virtuellen Mitgliedertage der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) hat DGP-Präsidentin Prof. Dr. Claudia Bausewein den diesjährigen Förderpreis der Fachgesellschaft gleichberechtigt an zwei Forschungsgruppen verliehen: „Die Arbeiten der beiden Teams haben die Jury – bei insgesamt hoher Qualität der Einreichungen – besonders in methodischer Hinsicht beeindruckt.“

    DGP Preis 2021Ebenfalls sehr erfreut (v.l.n.r.): Dr. Mandira Reuther, Prof. Dr. Boris Zernikow, Almut Hartenstein-Pinter, Sophie Pelke, Dr. Benedikt Claus, Dr. Julia Wager. Foto:  Norma Tacke / Vestische Kinder- und Jugendklinik / DattelnErster Preis:

    M. Sc. Psych. Sophie Ribbers, Dr. Dipl.-Psych. Julia Wager, MScN Almut Hartenstein-Pinter, Prof. Dr. Boris Zernikow, Dr. Mandira Reuther:„Core outcome domains of pediatric palliative care for children with severe neurological impairment and the families: A qualitative interview study“ und

    M.Sc. Psych. Sophie Pelke (geb. Ribbers), Dr. Dipl.-Psych. Julia Wager, Dr. M.Sc. Psych. Benedikt B. Claus, Prof. Dr. Boris Zernikow, Dr. Mandira Reuther: „Development and psychometric validation of the family-centered multidimensional outcome measure for pediatric palliatve care targeted to children with severe neurological impairments - A multicenter prospecitve study“

    DyEolÜber den DGP-Förderpreis freuen sich (v.l.n.r.): Dr. Franziska Herbst, Prof. Dr. Stephanie Stiel und Prof. Dr. Nils Schneider. Foto: Hanna Röwer / MHHErster Preis:

    Dr. phil. Franziska A. Herbst, Laura Gawinski, M.A., Prof. Dr. Nils Schneider, MPH, Prof. Dr. Stephanie Stiel: Dy@EoL - Interaktion am Lebensende in Dyaden von Eltern und erwachsenen Kindern

    Die Einreichung von Dr. Franziska Herbst und Kolleg:innen beschreibt ein umfassendes und hochrangiges Forschungsprojekt und beinhaltet eine Serie von Arbeiten. Der Studie liegt eine innovative und relevante Fragestellung zugrunde, welcher mit einem ausgezeichneten Studiendesign und hoher metho-discher Kompetenz nachgegangen wurde. Die Arbeit kann als Modell für andere Forschungsprojekte und Fragestellungen dienen. Insgesamt wird von der Jury das hohe methodische Niveau betont.

    Die Arbeit des wissenschaftlichen Teams rund um die Erstautorin Sophie Pelke (geb. Ribbers) widmet sich der klinischen Forschung und es wird ein multidimensionales Outcome-Instrument für die Versorgung im pädiatrischen Bereich entwickelt und validiert. Die Arbeit fokussiert somit ein wichtiges Thema sowie eine wesentliche Patient:innengruppe. Das Forschungsdesign ist beachtlich, überzeugend und sehr transparent dargestellt.

    Arbeiten beider Teams beeindrucken besonders in methodischer Hinsicht

    Für die Vergabe eines geteilten ersten Preises hatte sich die multidisziplinäre Jury entlang inhaltlicher, wissenschaftlicher und formaler Bewertungskriterien entschieden. Jurypräsident Prof. Dr. Roman Rolke hob hervor: „Die Einreichung der Forschungsgruppe um Dr. Franziska Herbst sticht in punkto methodischer Qualität klar heraus. Zudem ist dem Studienteam eine besonders erfolgreiche Verbreitung der Forschungsergebnisse mit Empfehlungen für die Praxis gelungen. Die Arbeiten im Forschungsteam um Sophie Pelke fokussieren ein wichtiges Thema und rücken Kinder und Jugendliche mit schweren neurologischen Beeinträchtigungen in den Fokus. Ergebnisse dieser Studien wurden hochrangig publiziert.“

    Bei der virtuellen Preisverleihung von Berlin aus begrüßte Prof. Dr. Claudia Bausewein, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP): „Bisher wenig berücksichtigte Familien wurden in den Mittelpunkt gerückt: Diejenigen mit Kindern oder Jugendlichen mit schweren neurologischen Beeinträchtigungen sowie Eltern mit einem unheilbar erkrankten erwachsenen Kind und erwachsene Kinder mit unheilbar erkrankten Eltern.“

    DGP verleiht seit 1999 alljährlich "Förderpreis für Palliativmedizin"

    Zur Förderung der klinischen Wissenschaft verleiht die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V. seit 1999 auf ihren Jahrestagungen den „Förderpreis für Palliativmedizin“ – seit 2019 aus eigenen Mitteln. Die Auswahl der Preisträger wird von einem Fachgremium vorgenommen. Der Preis in Höhe von 6.000 € wird jährlich ausgeschrieben.

    Zum heutigen Welttag der Suizidprävention: „Darüber reden!“ Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin unterstützt Ausbau der Suizidprävention

    Zum heutigen Welttag der Suizidprävention: „Darüber reden!“
    Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin unterstützt Ausbau der Suizidprävention
    Sterbewünsche und Suizide belasten auch nahestehende Menschen erheblich: Das muss man nicht alleine durchstehen!

    „Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 9.000 Menschen durch Suizid.“, so das Nationale Suizidpräventionsprogramm (NaSPro) bei Vorlage eines aktuellen Berichts anlässlich des heutigen „Welttages der Suizidprävention“. Und: Mittelbar sind mehr als 100.000 weitere Menschen betroffen. So bleiben Nahestehende in Trauer und mit ihren Fragen, Gedanken und Belastungen zurück, viele von ihnen werden durch Hilfsangebote nicht erreicht. „Es fehlen Informationen, dass man das nicht alleine durchstehen muss!“, betont das Netzwerk NaSPro.

    Deshalb unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) dessen Forderung, eine bundesweite Informations- und Koordinationsstelle einzurichten, wie sie Prof. Dr. Reinhard Lindner, Leitung NaSPro, beschreibt: „Unter einer bundesweit einheitlichen Rufnummer sollen rund um die Uhr Menschen mit Suizidgedanken, ihre Angehörigen, aber auch Professionelle, die mit Menschen in Suizidgefahr in Kontakt kommen, kompetente Ansprechpersonen erreichen können“. Im Fokus steht: „Darüber reden!“

    „Todeswünsche schwerkranker Menschen sind uns in der Hospiz- und Palliativversorgung ebenfalls vertraut“, erklärt DGP-Präsidentin Prof. Dr. Claudia Bausewein, „wobei diese von der Akzeptanz des eigenen Sterbens bis zu der Absicht reichen, das Leben zu beenden.“ Die Kunst der Kommunikation bestehe darin, die Intensität, Beständigkeit und z.T. hohe Ambivalenz des Sterbewunsches einschätzen zu lernen und diesem Menschen ein offenes Gesprächsangebot auf Augenhöhe machen zu können. Dies sollte insbesondere auch für die Angehörigen gelten, die dem Sterbewunsch des ihnen nahestehenden Menschen oft hilflos gegenüberstehen.

    Für die Hospiz- und Palliativversorgung werden in dem Bericht folgende suizidpräventive Maßnahmen genannt: Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung, Kommunikationstraining im Umgang mit geäußerten Todeswünschen, Etablierung hospizlicher und palliativer Themen innerhalb des Nationalen Suizidpräventionsprogramms, Ausbau der Forschung zu wesentlichen Fragen des Todeswunsches und der Suizidalität in der Hospiz- und Palliativversorgung und Entwicklung einer bürgerschaftlichen Sorgekultur für Menschen am Lebensende.

    Die Palliativmedizin versteht sich als ein Teil der Suizidprävention, da sie Sterbewünschen durch Linderung von Leidenszuständen, die ganzheitliche Begleitung der schwerkranken Menschen in ihrem Umfeld und eine Verbesserung der Lebensqualität in sehr vielen Fällen wirksam begegnen kann. Wichtig ist dabei auch, Begegnungen in der Trauer zu ermöglichen, wie z.B. heute bei einem Gedenkgottesdienst anlässlich des Welttages der Suizidprävention in der Berliner Gedächtniskirche.

    BERICHT SUIZIDPRÄVENTION DEUTSCHLAND

    DGP ECKPUNKTE ZU MÖGLICHER NEUREGULIERUNG SUIZIDASSISTENZ UND STÄRKUNG SUIZIDPRÄVENTION

    HILFSANGEBOTE SUIZIDALE KRISEN

    SUIZIDPRÄVENTION BERLIN

    PRESSEMITTEILUNG DGP

    Aktiv werden in der Suizidprävention: Alle, die Hilfe suchen, sollten Hilfe finden

    Verbände weisen zum Welttag der Suizidprävention auf Versorgungslücken hin und fordern flächendeckende Angebote

    Berlin, 03. September 2021 – Anlässlich des Welttages der Suizidprävention übergibt das Nationale Suizidpräventionsprogramm (NaSPro) auf einer Tagung einen umfassenden Bericht zur aktuellen Situation an das Bundesministerium für Gesundheit. Über 50 Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft und Praxis haben eine klare gemeinsame Botschaft an die Politik: es braucht flächendeckend dauerhaft finanzierte Angebote für Menschen, die sich in suizidalen Krisen befinden. Dazu müssen vorhandene Hilfsmöglichkeiten ausgebaut und verstetigt werden.

    Der Welttag der Suizidprävention

    „Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 9.000 Menschen durch Suizid. Das sind mehr Todesfälle als durch Verkehrsunfälle, Mord und illegale Drogen zusammen“, erklärt Hannah Müller-Pein, Medienbeauftragte des NaSPro. Der Welttag der Suizidprävention macht seit 2003 jährlich am 10. September auf diese Problematik aufmerksam. Das Motto lautet in diesem Jahr: „Aktiv werden und Hoffnung schaffen“. Menschen, die ihrem Leben selbst ein Ende setzen wollen, sind meist in existentiellen Notlagen. Verständnis, Unterstützung und Hilfe können dazu beitragen, dass sie wieder Hoffnung schöpfen. Wir alle sind aufgefordert, aktiv zu werden, die bestehenden Lücken im System zu schließen. „Bei Suizidalität heißt aktiv zu werden, mit den Menschen über ihre Probleme zu sprechen, sie zu verstehen und gemeinsam Alternativen im Leben zu finden“, sagt Barbara Schneider von der Leitung des NaSPro.

    Suizidprävention Deutschland – Aktueller Stand und Perspektiven

    Drei Jahre lang förderte das Bundesministerium für Gesundheit mehrere Projekte der Suizidprävention (www.suizidprävention2021.de). Darüber hinaus haben Expertinnen und Experten der Suizidprävention in Kooperation mit gesellschaftlich relevanten Einrichtungen im Rahmen des Projekts „Suizidprävention Deutschland – Aktueller Stand und Perspektiven“ die Lage von suizidalen Menschen in Deutschland genau unter die Lupe genommen. Der Bericht dieses Projekts wurde heute veröffentlicht. Demnach gibt es immer noch zu wenig Wissen über Hilfsmöglichkeiten bei Suizidalität und auch zu wenig spezielle Hilfsangebote in Krisen. Deshalb fordern die Autorinnen und Autoren eine bundesweite Informations- und Koordinationsstelle zur Suizidprävention. „Unter einer bundesweit einheitlichen Rufnummer sollen rund um die Uhr Menschen mit Suizidgedanken, ihre Angehörigen, aber auch Professionelle, die mit Menschen in Suizidgefahr in Kontakt kommen, kompetente Ansprechpersonen erreichen können“, ergänzt Reinhard Lindner, Leitung des NaSPro.

    NASPRO PRESSEMITTEILUNG

    BERICHT SUIZIDPRÄVENTION DEUTSCHLAND
    (ab S. 190: Suizidprävention in der Hospiz- und Palliativversorgung)

    Deutsche Gesellschaft
    für Palliativmedizin e. V.
    Aachener Straße 5
    10713 Berlin

    T 030 / 30 10 100 - 0
    F 030 / 30 10 100 - 16
    dgp@dgpalliativmedizin.de
    www.dgpalliativmedizin.de