das ist palliativ

    Krankenhausteams am Limit: "Wir überbringen Sterbenden letzte Nachrichten ihrer Familien"

    Enge Kooperation zwischen Intensiv- und Palliativmedizin essentiell für Covid-19-Erkrankte, Angehörige und Mitarbeitende / Aufgaben der Palliativversorgung erheblich ausgeweitet / Was hilft: Solidarität & Flexibilität

    Berlin, 21.12.20. „Die Covid-Erkrankten sind in den Kliniken auf die gemeinsame und vernetzte Versorgung aus Pneumologie, Intensivmedizin und Palliativmedizin angewiesen. Wir müssen derzeit damit leben, dass viele Menschen sterben. Unser Augenmerk muss aber trotz aller Belastung darauf liegen, wie sie sterben!“ erläutert Dr. Wiebke Nehls, Oberärztin der Lungenklinik Heckeshorn in Berlin und Bereichsleitung Palliativmedizin sowie Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP).

    „Der Aufgabenbereich in der Palliativmedizin ist erheblich größer geworden: Einerseits werden wir dringend auf den COVID-19-Stationen gebraucht, bei den isolierten Patientinnen und Patienten, zum anderen auf den Palliativstationen, in den Altenpflegeheimen, in den Hospizen und bei Schwerstkranken und deren Angehörigen zuhause. All dies unter neuen, veränderten und seit Wochen und Monaten äußerst schwierigen Bedingungen!“ so Nehls. Durch die Pandemie haben insgesamt deutlich mehr Menschen Unterstützungsbedarf durch Palliativversorgende. Gleichzeitig seien alle Bereiche im Gesundheitswesen durch massive Personalausfälle aufgrund von Erkrankungen oder Quarantäne-Verordnungen gefordert.

    Erforderlich: "Notfallpalliativversorgung"

    Die COVID-19-Pandemie macht eine „Notfallpalliativversorgung“ erforderlich: Das hohe Aufkommen von Patientinnen und Patienten mit rasch verlaufender palliativer Erkrankung erfordert, so Dipl.-Psych. und Psychoonkologe Urs Münch, Vizepräsident der DGP, flexible Maßnahmen zur psychosozialen und spirituellen Begleitung von schwerstkranken und sterbenden Menschen wie auch deren Angehörigen: „Kommunikation ist gerade in diesen stressbeladenen und bedrohlichen Notfallsituationen immens wichtig.“

    Trotz der gegenwärtigen Rahmenbedingungen, hoher emotionaler Belastung und diverser Engpässe betont DGP-Präsident Prof. Dr. Lukas Radbruch: "Die in der Palliativversorgung tätigen Teams aus Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften sowie weiteren Berufsgruppen sind nicht nur mit schwerer Krankheit, Sterben, Tod und Trauer sehr vertraut, sondern haben den Grundgedanken der Kooperation, Koordination und Vernetzung um Patienten und Angehörige herum so verinnerlicht, dass auch unter Krisenbedingungen Brücken gebaut werden." Radbruch unterstreicht jedoch gleichzeitig: „Wir brauchen die Palliativversorgung an den Betten der Covid-Erkrankten, um diese - mit und ohne Intensivtherapie - in ihrem körperlichem und seelischem Leid gemeinsam adäquat zu versorgen und im Sterben so würdevoll wie möglich zu begleiten.“

    Unterstützung von belasteten, schwerstkranken, sterbenden und trauernden Menschen

    Den unerlässlichen Isolationsmaßnahmen und auch dem oft raschen Verlauf zum Trotz sind gute Möglichkeiten entwickelt worden, um Schwerstkranken und ihren Nächsten Begegnung, Austausch und Teilhabe zu ermöglichen: Da ist die vertraute Stimme am Telefon, die ferne Familie auf dem IPad, da bleiben Fotos, Berichte, Videos, Abschiedsrituale - oft übermittelt über das Team, das alles unternimmt, um die Verbindung zu An- und Zugehörigen zu halten und sie auch in den ersten Schritten der Trauer zu begleiten. Unterstützung dabei geben von der DGP mit herausgegebene „Empfehlungen zur Unterstützung von belasteten, schwerstkranken, sterbenden und trauernden Menschen in der Corona Pandemie aus palliativmedizinischer Perspektive“.

    Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) ist seit einem Dreivierteljahr Teil eines dynamischen nationalen und internationalen Austauschs mit weiteren Fachgesellschaften, Kolleg*innen, Leistungsanbietern, Gesundheitsbehörden und der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik – all dies, so Prof. Dr. Claudia Bausewein, Vorstandsmitglied der DGP, Chefärztin der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin am LMU Klinikum München sowie Leiterin der dortigen Atemnotambulanz, mit Blick auf die bestmögliche Symptomlinderung und Verbundenheit mit jedem Einzelnen: „Wir müssen als Gesellschaft dringend dafür Sorge tragen, dass auch in der Covid-19-Pandemie kein sterbender Mensch in seiner Angst und Not allein gelassen wird.“

    Empfehlungen zu COVID-19 (Coronavirus SARS-CoV-2) unter Mitarbeit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin finden Sie hier: https://www.dgpalliativmedizin.de/neuigkeiten/empfehlungen-der-dgp.html

     

    Anhörung Deutscher Ethikrat: Sterbe- und Selbsttötungswünsche

    Vorträge und Diskussionen zur Perspektive der Palliativversorgung im Rahmen der Öffentlichen Anhörung "Phänomenologie der Sterbe- und Selbsttötungswünsche" 17.12.20 (Videoaufzeichnung des Deutschen Ethikrats)


    Prof. Dr. Raymond Voltz: Sterbewünsche und Suizidbegehren

     


    Prof. Dr. Claudia Bausewein: Suizidalität im Kontext palliativer Versorgung


    Diskussion zu den Vorträgen von Prof. Dr. Raymond Voltz und Prof. Dr. Barbara Schneider

     


    Diskussion zu den Vorträgen von Prof. Dr. Claudia Bausewein und Prof. Dr. Reinhard Lindner

    Radbruch: Beihilfe zum Suizid kein Add-On der Hospiz- und Palliativversorgung / Bausewein im Ethikrat: Breite Schulung im Umgang mit Sterbewünschen dringend notwendig!

    Berlin, 17.12.2020. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) bekräftigt anlässlich der heutigen öffentlichen ANHÖRUNG IM DEUTSCHEN ETHIKRAT zur „Phänomenologie der Sterbe- und Selbsttötungswünsche“ ihre kritische Haltung gegenüber der ärztlichen Suizidbeihilfe als Aufgabe der Palliativversorgung: „Es stellt niemand das Recht von Menschen infrage, sich das Leben zu nehmen“ erklärt Prof. Dr. Lukas Radbruch, Präsident der DGP, „doch bleibt es elementare Aufgabe der Palliativmedizin, den schwerstkranken Menschen in seiner Not anzunehmen, mit ihm gemeinsam Perspektiven in der krisenhaften Situation zu finden und ihn auf dem Weg zu einer selbstbestimmten Entscheidung zu begleiten.“

    Der Arzt oder die Ärztin als Gegenüber, das sich respektvoll mit den Todeswünschen von Patient*innen auseinanderzusetzt, palliativmedizinische Optionen aufzeigt und dicht entlang der erlebten Belastungen kontinuierlich im Gespräch bleibt, kann nicht gleichzeitig für die zweite Option der Suizidassistenz zur Verfügung stehen. „Sollte der Sterbewunsch nach Aufzeigen der multiprofessionellen Angebote der Palliativversorgung und einem ausführlichen Gesprächsprozess in seltenen Fällen weiterhin bestehen bleiben“, so sei es nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun eine essentielle ethische und gesellschaftliche Aufgabe, in einem zweiten Schritt die Freiverantwortlichkeit, Dauerhaftigkeit und Ernsthaftigkeit des Todeswunsches in angemessener Form zu überprüfen und einen hochqualifizierten und verlässlichen Rahmen für das weitere Vorgehen zu schaffen. „Eine Aufgabe der Hospiz- und Palliativversorgung, ein Add-On, kann die Beihilfe zum Suizid nicht sein!“ so der DGP-Präsident.

    Vielmehr warnt die DGP vor der Gefahr einer Normalisierung der Suizidbeihilfe. Nach der höchstrichterlichen Entscheidung vom Februar 2020 ist das Recht auf selbstbestimmtes Sterben nicht auf schwere und unheilbare Krankheitszustände oder bestimmte Lebens- oder Krankheitsphasen beschränkt, sondern in jeder Phase der menschlichen Existenz zu gewährleisten. Deshalb nimmt der Ethikrat heute Aspekte der Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen, im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen und im Kontext palliativer Versorgung sowie die Selbsttötung als Form der Lebensbilanzierung in den Blick.

    Zur „Suizidalität im Kontext palliativer Versorgung“ wird Prof. Dr. Claudia Bausewein, Direktorin der Klinik für Palliativmedizin, LMU Klinikum München, sowie Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der DGP, vortragen. „In der Behandlung von Schwerstkranken ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Patient sagt, dass er so nicht mehr leben möchte.“ Allerdings, so ihre Erfahrung aus Jahrzehnten der Begleitung Sterbender: „In der Regel gelingt es, mit unserem Angebot verschiedener Optionen der Palliativversorgung die Symptome so zu lindern und die Lebensqualität so zu verbessern, dass der Sterbewunsch in den Hintergrund rückt.“

    Dringend notwendig sei eine „breite Schulung im Umgang mit Todeswünschen“, so Bausewein, um das Thema zu enttabuisieren und z.B. auch im Pflegeheim Angehörigen zur Seite stehen zu können, die von ihren hochbetagten und vielfältig erkrankten Eltern um Hilfe beim Suizid gebeten werden. „Nur mit einer offenen und den Sterbewunsch akzeptierenden Haltung kann es gelingen, Menschen, die so nicht mehr leben wollen oder können, ein ernsthafter und vertrauenswürdiger Gesprächspartner zu sein.“

    PRESSEMITTEILUNG DGP

    VORTRÄGE CLAUDIA BAUSEWEIN UND RAYMOND VOLTZ

    ANHÖRUNG VIDEOAUFZEICHNUNG GESAMT

     

    Zur Vorbereitung von Gesprächen mit Ärztin oder Arzt: Zwei aktuelle Broschüren für Patient*innen und Bevollmächtigte

    Gespräche mit Ärztin ArztBevollmächtigteIn dem Forschungsprojekt „Von kurativ zu palliativ“ zur Therapiezieländerung im Krankenhaus führten Forscher und Forscherinnen der Klinik für Palliativmedizin am UKB Universitätsklinikum Bonn Beobachtungsstudien und Interviews  durch.

    Im Zeitraum von 2018 bis 2020 begleiteten und befragten sie Patientinnen und Patienten, Angehörige und Mitarbeitende auf einer onkologischen und einer geriatrischen Station eines Krankenhauses in Bonn.

    In diesem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojekt zeigten sich bei allen Gruppen unterschiedliche Einschätzungen in Bezug auf den Übergang von kurativ zu palliativ und die Notwendigkeit zum intensiven Dialog über Krankheitsverläufe, Behandlungsmöglichkeiten und Palliativversorgung.

    Vor diesem Hintergrund wurden in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zwei Broschüren entwickelt und herausgegeben, um Patient*innen und Angehörige wie auch Bevollmächtigte und gesetzliche Vertreter*innen bei ihren Gesprächen mit Ärzt*innen zu unterstützen. Die Broschüren stehen online zur Verfügung, ab Jahresbeginn auch als Druckexemplare.

    GESPRÄCHE MIT IHRER ÄRZTIN ODER IHREM ARZT IM KRANKENHAUS
    Eine Broschüre für Patient*innen mit einer schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung

    GESPRÄCHE MIT DER ÄRZTIN ODER DEM ARZT IM KRANKENHAUS
    Eine Broschüre für Bevollmächtigte und gesetzliche Vertreter*innen von Patient*innen mit einer schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung

    WAT 2021: Programm veröffentlicht, Anmeldung freigeschaltet & Abstracteinreichung verlängert

    FINAL DGP Logo WAT 2021 v2bHeute wurde das Programm für die 7. Wissenschaftlichen Arbeitstage der DGP zum Thema „Gemeinsam forschen – Grenzen überwinden – Digitale Herausforderung für die Qualität der Forschung" am 12. & 13. März 2021 veröffentlicht, ab sofort ist auch die Anmeldung möglich. Die Teilnahmegebühren für die Online-Veranstaltung betragen 39 Euro inklusive „Meet the Expert“ und Workshop. Begleitend ist eine e-Posterausstellung vorgesehen. Livechat und „Video-Wortmeldung“ während der Sitzungen sowie in den Pausen gewährleisten die Interaktion mit den Teilnehmenden.

    Die Zertifizierung der digitalen WAT ist bei der Landesärztekammer Berlin eingereicht, die Veranstaltung ist ebenfalls für beruflich Pflegende angemeldet.

    Bitte beachten: Die Deadline zur Einreichung von Abstracts war Montag, der 4. Januar 2021.

    WAT 2021

    ABSTRACTEINREICHUNG

    PROGRAMM

    ANMELDUNG

     

    Deutsche Gesellschaft
    für Palliativmedizin e. V.
    Aachener Straße 5
    10713 Berlin

    T 030 / 30 10 100 - 0
    F 030 / 30 10 100 - 16
    dgp@dgpalliativmedizin.de
    www.dgpalliativmedizin.de