Zwei im Gespräch über Leben und Tod: Der eine ehemaliger Schwergewichtsboxer und Stand-Up-Comedian, der andere Geschäftsführer einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft. Wie passt das zusammen?
Sehr gut, so die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), die sich freut, mit dem Künstler Stefan Schöttler einen authentischen Botschafter für ihr Anliegen gewonnen zu haben. In einem ebenso tiefgründigen wie angeregten Gespräch vor der Kamera erzählen sich Stefan Schöttler und Heiner Melching aus ihrem Leben, beruflich und privat.
Und sind sich sofort einig: „Humor hilft!“ Gerade in besonders belastenden Situationen – ob als Abgrenzung oder als Beziehungsangebot. Idealerweise mit Menschen an der Seite, mit denen man auch mal über sich selbst lachen kann, um schwer Erträgliches gemeinsam auszuhalten.
Gemeinsames Lachen und Weinen verbindet
Für Palliativversorgende gilt es hierbei genau hinzuhören, erläutert Melching, wie sich ein lebenslimitierend erkrankter Mensch Entlastung verschafft und wie man mit Hilfe von Humor Angst und Druck aus einer Situation nehmen kann. Der Bühnenprofi wiederum spielt in seinem Programm mit der Verwobenheit von Tragödie und Komödie, der Gleichzeitigkeit von Lachen und Weinen und dem schmalen Grat zwischen Schadenfreude und Mitgefühl. Damit möchte er auch ein wenig Entwicklungen wie dieser entgegensteuern: „Die Menschen schauen nur noch auf sich, die Welt wird egoistischer.“.
Zwei, die in ihren unterschiedlichen Lebens- und Berufswelten immer wieder die Erfahrung gemacht haben, dass es hilft, sich frühzeitig mit Fragen rund um Sterben, Tod und Trauer auseinanderzusetzen. Schöttler, der bereits als junger Mann eine Krebserkrankung überstehen und später den Tod des Vaters erleben musste, und Melching, der vor seiner langjährigen Tätigkeit für die DGP verwaiste Eltern und Kinder betreute, wissen: Es braucht Zeit und offene Begleitung, um mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung in der Familie zurechtzukommen, die nächsten Schritte zu gehen und sich vielleicht auch der einen Frage zu stellen: „Was bleibt von mir?“
Was bleibt? Zum Beispiel: Wertvolle Briefe an die Söhne
So spürt man im Interview Schöttlers Trauer um seinen besten Freund, welcher vor zweieinhalb Jahren verstorben ist, jedoch auch gleichzeitig die Freude, dass sein sonst eher wortkarger Freund noch Briefe an seine Söhne schreiben konnte, die denen heute lieb und teuer sind. Hätte nicht die hospizerfahrene Cousine den Freund unaufgeregt durch diese Zeit begleitet und mit ihm alles besprochen, so wäre seinen Kindern eventuell dieses wertvolle Vermächtnis verwehrt geblieben.
Anlass für den Künstler, sich auf der Bühne nicht nur mutig mit seinem Leben zu zeigen, sondern auch auf die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin zuzugehen, um seinerseits etwas dazu beizutragen, dass Menschen sich frühzeitig mit Sterben, Tod und Trauer auseinandersetzen. Damit rennt er offene Türen bei der DGP ein, wie Melching erklärt: „Wir haben einen gesellschaftlichen Auftrag aufzuklären und wir müssen sprachfähiger werden!“ Deshalb ist die DGP sehr dankbar für ihren ersten Botschafter, der diese Tabuthemen in seinem Programm offen auf der Bühne anspricht und nebenbei noch um Spenden für die Fachgesellschaft bittet.
Nehmt Euer Leben selbst in die Hand!
Und auch hier wieder eine beeindruckende Verbindung zwischen den beiden: Während Melching hervorhebt: „Ein stimmiges Lebensende kann gelingen und ich kann das mitgestalten.“, bringt es der neue DGP-Botschafter in dieser Weise auf den Punkt: „Nehmt Euer Leben selbst in die Hand!“ Er meint damit nicht, immer stark sein zu müssen, sondern vielmehr zu versuchen, sich aus einer unfreiwilligen Passivität zu befreien, um wieder selbstwirksam zu werden.
Stefan Schöttlers Boxsportmotto: „Hinfallen - wieder aufstehen!“ ergänzt Heiner Melching abschließend: „Am Lebensende hast Du die Erlaubnis, nicht mehr kämpfen zu müssen, sondern auch liegenbleiben und schwach sein zu dürfen.“ Im besten Fall in dem Wissen, in vertrauter Verbundenheit mit den Liebsten vom Palliativteam aufgefan-gen und gehalten zu werden.